Syrien erwartet von Europa Hilfe, aber es muss Hilfe zur Selbsthilfe sein. Diese Botschaft bringt der Weltkirchenbeauftragte der deutschen Bischöfe, Erzbischof Ludwig Schick, von einem Besuch in Damaskus mit. An diesem Mittwoch ist er von dort wieder abgereist, er wollte ein Zeichen der Solidarität mit den Christen im Land setzen, so Schick.
Hilfe zur Selbsthilfe – das bedeute vor allem eine andere Politik. „Das ist ja ein Problem der letzten Jahrzehnte, dass sich im Nahen Osten die West-Mächte USA und Europa nur zu ihren Interessen engagiert haben. Die USA und Europa müssen sich endlich für die Interessen der Syrer interessieren,“ so Schick, mit dem wir in Beirut sprachen. Natürlich müsse auch Geld zum Wiederaufbau fließen, „das wird viel Geld kosten.“
Schick berichtet von einer Stadt Damaskus, in der der Krieg sichtbar sei, in der es Straßensperren und überall Bewaffnete gibt, trotzdem wundere man sich, dass das Leben in Damaskus einigermaßen weiter geht. „Im Augenblick ist es verhältnismäßig ruhig, die Waffenruhe hält.“
Wichtig für die Menschen sei, dass Hoffnung bewahrt oder wieder aufgebaut werde, „Es gibt noch Hoffnung, aber auch viel Sorge, wie es mit dem Land weiter geht“, sagt Schick. In den Begegnungen mit der Kirche vor Ort habe man ihm immer wieder gesagt, dass die wichtigste Botschaft sei, Hoffnung zu machen, dass Krieg, Terror und Tod nicht das letzte Wort haben.
Der Besuch galt den Christen im Land, Solidarität sei sehr wichtig für die Menschen dort. „Den Christen geht es natürlich nicht gut, viele sind weggegangen. Wir haben auch etliche Caritas-Projekte besucht. Die Kirche hilft den Menschen – auch unabhängig von Religion – die vertrieben wurden und jetzt in den sicheren Gebieten Unterkunft suchen.“ Es gebe unter diesen Menschen viel Krankheit, um die man sich kümmern müsse. Diese Menschen seien verzweifelt.
„Alle hoffen natürlich, dass die Verhandlungen in Genf weiter gehen und dass nach dem Waffenstillstand nun dauerhafte Friedensverhandlungen begonnen werden. Die Menschen hoffen, dass sich alle daran beteiligen und dass dann auch wieder eine Zivilgesellschaft aufgebaut werden kann.“ Es gebe das Kurzzeitziel Waffenstillstand, dann beginne erst die echte Arbeit, der Wiederaufbau. Sehr viel vor allem an Infrastruktur ist zerstört. „Dann braucht es auch noch einen inneren Aufbau, es muss sehr viel Bildungsarbeit geleistet werden, die dann auch Solidarität, Verständnis, Toleranz und Akzeptanz wieder in die Gesellschaft hinein bringt.“ Auch das sei alles in den fünf Jahren Bürgerkrieg zerstört worden, berichtet Schick. Die Christen seien bei diesem Wiederaufbau sehr wichtig, das sei zu spüren, es sei bedeutsam, dass Christen blieben oder wieder zurück kämen. Erzbischof Schick zeigte sich beeindruckt vom Engagement der katholischen Kirche in Syrien: „Hier wird eine Arbeit geleistet, die ihresgleichen sucht. Bei meinen Gesprächen gerade mit jungen Syrerinnen und Syrern habe ich gespürt, dass diese Generation die künftige Zivilgesellschaft mit aufbauen will. Besonders die Priester und Ordensleute bleiben bewusst im Land. Gerade die Priester haben eine hohe Akzeptanz in der Gesellschaft. Mein Appell ist: Der Nahe Osten darf nicht zur christenfreien Zone werden!“
Die Reise geht für den Erzbischof nun weiter, und zwar nach Jordanien, aber auch dort geht es weiter um das Thema Syrien, denn auch dort besuche er Flüchtlinge. Die Wenigsten seien ja nach Europa unterwegs, die Meisten blieben in der Region, in Lagern im Libanon und in Jordanien. Auch hier gelte es, die Hilfe – auch der deutschen Kirche – noch einmal zu verstärken. (rv)