„Wir sind herausgefordert, den christlichen Glauben an die Dreifaltigkeit zu verstehen, auch in all seinen Konsequenzen, und ihn froh zu bezeugen.“
Bischof Rudolf Voderholzer von Regensburg hat an die Lehre der Dreifaltigkeit Gottes erinnert, und wie diese sich wesentlich vom Islam unterscheidet.
Der bayerische Oberhirte verwehrte sich auch gegen Vorwürfe einzelner Medien, er kritisiere den Islam, wenn er dies feststelle.
Der Glaube an die Dreifaltigkeit „unterscheidet den christlichen Glauben vom Islam“, so Bischof Voderholzer am vergangenen Sonntag in seiner Predigt.
Der Islam widerspreche an diesem für den christlichen Glauben zentralen Punkt dem christlichen Bekenntnis, so Voderholzer weiter.
Dies habe gewaltige Folgen, gerade für das religiöse Leben, für die religiöse Praxis: „Weil Gott dreifaltig ist, kann er uns im Mensch gewordenen Sohn nahe kommen, ganz einer von uns werden, im Heiligen Geist Gemeinschaft mit uns haben“.
In den Sakramenten ist und bleibe Christus gegenwärtig zum Heil der Menschen. Weil der Sohn als das Bild Gottes durch seine Menschwerdung Gott in gewisser Weise sogar anschaulich gemacht habe, dürfen auch heilige Bilder sein, gebe es die Bilderverehrung.
Wenn über den Islam gesprochen wird, dann gehe es doch nicht um Kopftuch und Schweinefleisch, sondern um die Gottesfrage. „Und wir sind herausgefordert, den christlichen Glauben an die Dreifaltigkeit zu verstehen, auch in all seinen Konsequenzen, und ihn froh zu bezeugen“, so Bischof Voderholzer.
Statio und Predigt von Bischof Rudolf Voderholzer zur Messfeier auf dem Frohnberg bei Hahnbach am Sonntag, 12. August 2018
Liebe Mitbrüder im geistlichen Dienstamt!
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!
Ich danke dem Herrn Pfarrer Dr. Schulz sehr für die Worte der Begrüßung. Vor allem danke ich ihm für die Sorge um die Glaubensverkündigung, um die Inhalte unseres Glaubens. Sie kommt in der Gestaltung und thematischen Ausrichtung dieser „Exerzitienwoche“ der Wallfahrt auf den Frohnberg zum Ausdruck.
„Glaubst du schon oder meinst du nur?“ Unter diesem geistreichen Titel stehen diese Tage, an denen in den Eucharistiefeiern und Gottesdiensten das Glaubensbekenntnis mit seinen einzelnen Artikeln durchbuchstabiert werden soll.
Diese festlichen Tage wollen somit eine Hilfe sein, den Glauben zu reflektieren, auskunftsfähig zu bleiben und immer besser auskunftsfähig zu werden im Bezug auf den Glauben, damit wir allen Rechenschaft geben können, die uns nach dem Grund unserer Hoffnung fragen (vgl. 1 Petr 3,15). Diese Herausforderung wird immer wichtiger! Bitten wir den Herrn, er möge uns durch die Feier dieser Tage im Glauben wachsen lassen und stärken für unser Zeugnis im Alltag.
Predigt
„Ich glaube / wir glauben … an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn“
Eine bis ins 4. Jahrhundert zurückreichende Legende besagt, dass die zum Pfingstfest in Jerusalem versammelten zwölf Apostel – erfüllt vom Heiligen Geist – gemeinsam das apostolische Glaubensbekenntnis verfasst haben. Jeder von ihnen habe einen Artikel beigesteuert, so dass am Schluss das tatsächlich aus zwölf Bekenntnissätzen bestehende Apostolische Glaubensbekenntnis herauskam.
Petrus, der erste, sagte: „Ich glaube an Gott den Vater, den allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“ Der letzte Apostel, der für den ausgeschiedenen Judas nachberufene Matthias, machte den Schluss und sagte: „… und das ewige Leben. Amen“. Thomas, der am Abend des Ostertages nicht dabei gewesen war und für dessen Glauben der auferstandene Herr acht Tage danach (Joh 20,26 f.) den Aposteln wiederum erschienen war, trägt – sehr sinnig – den Artikel bei: „am dritten Tage auferstanden von den Toten.“ Diese Legende vom Zustandekommen des apostolischen Glaubensbekenntnisses birgt in ihrer Symbolik eine tiefe Wahrheit, nämlich dass die Zusammenfassung unseres Glaubens in der Tat auf die Apostel zurückgeht, und dass ihr gemeinschaftliches Bekenntnis die Basis ist für die Gemeinschaft der apostolischen Kirche, die sich ihr Programm nicht immer wieder neu zurechtbastelt, sondern im Zeugnis des Glaubens vom Ursprung her lebt.
Die Freude an der Zwölfzahl der Glaubensartikel, die mit der Zahl 12 der Apostel so wunderbar in eins fällt und woraus sich die Legende entwickelt hat, diese Freude und Faszination darf freilich eines nicht verdunkeln, denn dann würde die Legende letztlich in die Irre führen: Die Grundstruktur unseres Glaubensbekenntnisses ist trinitarisch, es regiert die Drei-Zahl entsprechend den drei göttlichen Personen (vgl. dazu besonders Henri de Lubac, Credo. Gestalt und Lebendigkeit unseres Glaubensbekenntnisses, Einsiedeln 1975). Das gilt sowohl für das Apostolische wie auch für das Große, auf die Konzilien von Nizäa und Konstantinopel zurückgehende Glaubensbekenntnis, an dem sich die Predigten dieser Tage vor allem ausrichten. Die Grundstruktur unseres Credo ist trinitarisch, das heißt, es hat die Dreier-Struktur des Bekenntnisses zum dreifaltigen Gott: Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist.
Denn das Glaubensbekenntnis ist zuallererst das Taufbekenntnis. Dort, bei der Taufe, beim Sakrament der Christwerdung, hat es seinen Sitz im Leben, und dort wird es – alle die als Eltern oder Paten schon einmal stellvertretend den Glauben für einen Täufling bekannt haben, wissen es – in einem Dreischritt erfragt: Glauben Sie / Glaubst Du an Gott, den Vater, den Schöpfer …? Glaubst Du an Jesus Christus, seinen Sohn, unseren Herrn …? Glaubst Du an den Heiligen Geist? Bei der Tauferneuerung in der Osternacht, bei der Firmung, überall, wo wir unseren Taufglauben erneuern, wird das Bekenntnis in dieser an den drei göttlichen Personen sich orientierenden Weise erfragt und damit in Erinnerung gerufen: Wir Christen glauben an den dreifaltigen Gott. Das ist, liebe Schwestern und Brüder, nicht eine lästige Zusatzinformation über Gott oder eine Erfindung der Theologen, sondern die Mitte und der Höhepunkt der biblischen Offenbarung Gottes selbst. Weil Gott sich als trinitarisch, als dreifaltig offenbart hat, bekennen wir uns im Glauben zu ihm als dem dreifaltigen Gott.
Dass Gott dreifaltig ist, heißt: Gott ist einer, aber er ist nicht einsam. In Gott selbst hat der Andere Platz. Gott selbst ist der Urgrund von Vielfalt. Durch die Einheit im Wesen und die Dreiheit in den Personen ist es möglich, dass Gott von Ewigkeit her das Schenken und Empfangen von Liebe ist. Gott ist die Fülle von Gemeinschaft, Gott hat nicht nur Beziehung, er ist Beziehung, wesenhaft!
Weil Gott von Ewigkeit her Liebe ist, Liebe von Vater, Sohn und Geist, kann Gott auch die Schöpfung aus Freiheit ins Dasein gerufen haben, nicht aus Zwang, um sich vielleicht aus seiner vermeintlichen Einsamkeit zu befreien. Gott hätte die Schöpfung nicht gebraucht, er hat sie gewollt, aus Liebe. Alle nicht-trinitarischen Gottesvorstellungen tun sich deshalb schwer, die Freiheit der Schöpfung zu denken.
Weil Gott von Ewigkeit her Liebe ist, kann er die Schöpfung auch erlösen. Gott hatte vorhergesehen, dass die Schöpfung in ihrer Krone, im Menschen, die ihr von Gott geschenkte Freiheit missbrauchen würde. Gott hatte aber auch vorgesehen, dass der Sohn zur Rettung der Welt in sie eingehen werde durch die zeitliche Geburt von der Jungfrau Maria.
Der dreifaltige Gott ist die Mitte und das Ziel unseres Glaubens. Und so beginnen wir jeden Gottesdienst im Namen des dreifaltigen Gottes, und ebenso beschließen wir ihn im Segen des dreifaltigen Gottes. Der Glaube an den dreifaltigen Gott ist nicht eine Zumutung für die Vernunft, sondern die beglückende Glaubenstatsache, dass der ewige Urgrund allen Seins Liebe ist und Beziehung und Gemeinschaft.
Damit sind wir nun aber, liebe Schwestern und Brüder, schon mittendrin in der Thematik, über die zu sprechen Ihr Herr Pfarrer mich gebeten hat: über den zweiten Glaubensartikel „Ich glaube / wir glauben an den Vater … und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn“.
An das Bekenntnis zum Vater, der als Schöpfer näher bestimmt wird, schließt sich unmittelbar das Bekenntnis zum Sohn an. Er wird mit seinem Namen Jesus genannt, den er als Mensch gewordener, von Maria geborener Gottessohn bei der Beschneidung erhalten hat. Von diesem Jesus bekennen wir, dass er wirklich der Christus, der Messias, der vom Heiligen Geist Gesalbte ist, und dass er unser Kyrios ist, der Herr.
Was heißt in diesem Zusammenhang „eingeboren“, „eingeborener“ Sohn? Es ist die Übersetzung des griechischen „monogene“; sie stammt von Martin Luther und hat sich konfessionsübergreifend eingebürgert. Heute freilich ist diese Übersetzung missverständlich. Mittlerweile denkt man bei „eingeboren“ an ursprüngliche, „indigene“ Bevölkerung. Ein Eingeborener ist ein im Land geborener und nicht eingewanderter Mensch. Darum geht es im Credo selbstverständlich nicht.
Genauer wäre die Übersetzung: „einzig geborener“ oder „einzig gezeugter“. Das griechische Wort kann „zeugen“ und „gebären“ heißen und seine Verwendung hier zeigt, dass es nicht um Biologie oder Geschlechtlichkeit geht, sondern um die Ursprungsbeziehung von Ewigkeit her. Der Vater ist dem Sohn wesensgleich, er ist Gott wie der Vater. Im Großen Credo heißt es ausdrücklich: „gezeugt, nicht geschaffen“. „Zeugen“ ist im Unterschied zu „machen“ wesensgleiche „Hervorbringung“. Nur in der Vulgärsprache wird „zeugen“ durch „machen“ ersetzt, aber das führt in die Irre. Weil das Wort „eingeboren“ aber schon „eingebetet“ war, das heißt in der Gebetssprache heimisch geworden ist und dadurch gewissermaßen geheiligt war, hat die zuständige Kommission für die Liturgie das Wort im Deutschen gelassen.
Wichtig bleibt: „eingeboren“, „einziggeboren“ oder „einziggezeugt“ will zum Ausdruck bringen: Der Sohn, das Wort, ist von Ewigkeit her ebenso Gott; er verwirklicht die Gottheit ebenso wie der Vater und der Geist. Gott als der Schöpfer ist jenseits der Geschlechterdifferenz, ist also weder männlich oder weiblich, sondern einfach Gott, auch wenn wir uns das nicht vorstellen können und immer wieder auf menschliche Analogien zurückgreifen müssen.
Der Glaube an die Selbstunterscheidung in Gott, an das innere göttliche Leben von Vater, Sohn und Geist, unterscheidet den christlichen Glauben vom Islam. Allen noch so unterschiedlichen Formen des Islam liegt doch die im Koran klar formulierte und gegen das christliche Bekenntnis gerichtete Aussage zugrunde: Allah ist ungezeugt und zeugt nicht. Ihm ebenbürtig ist keiner (vgl. Sure 112). Wenn ich gelegentlich auch öffentlich auf diesen Sachverhalt hinweise, dann wir mir in der Presse unterstellt, ich würde den Islam „kritisieren“. Aber es geht erst einmal nicht um Kritik, sondern um eine Tatsachenfeststellung. Der Islam widerspricht an diesem für unseren Glauben zentralen Punkt dem christlichen Bekenntnis. Und diese Differenz hat gewaltige Folgen, gerade für das religiöse Leben, für die religiöse Praxis. Weil Gott dreifaltig ist, kann er uns im Mensch gewordenen Sohn nahe kommen, ganz einer von uns werden, im Heiligen Geist Gemeinschaft mit uns haben. In den Sakramenten ist und bleibt er gegenwärtig zu unserem Heil. Weil der Sohn als das Bild Gottes durch seine Menschwerdung Gott in gewisser Weise sogar anschaulich gemacht hat, dürfen heilige Bilder sein, gibt es die Bilderverehrung. Die Inkarnation hat eine unglaubliche und herrliche Fülle von Kunst in den verschiedenen christlichen Kulturkreisen hervorgebracht. Alles das prägt unser Abendland zutiefst. Wenn über den Islam gesprochen wird, dann geht es doch nicht um Kopftuch und Schweinefleisch, sondern um die Gottesfrage. Und wir sind herausgefordert, den christlichen Glauben an die Dreifaltigkeit zu verstehen, auch in all seinen Konsequenzen, und ihn froh zu bezeugen.
Woher wissen wir das alles?, werden nun vielleicht manche fragen.
Wir wissen es von Jesus her. Weniger durch seine Worte als vielmehr durch sein Tun, seine Taten offenbart Jesus seinen göttlichen Anspruch, gibt er zu erkennen, dass in ihm als Mensch auch ganz die Autorität göttlicher Vollmacht vom Vater her gegenwärtig ist.
Es beginnt mit der Jüngerberufung: Jesus beruft, erwählt. Während man sich bei den zeitgenössischen Rabbinern selbst bewarb, wählt und beruft Jesus in eigener Initiative. Und er erwählt zwölf. Wir machen uns vermutlich keine Vorstellung, was allein diese Berufungsaktion schon bedeutet hat. Jesus kommt, um das 12-Stämme-Volk Israel, das Volk Gottes neu aufzustellen. Wer anders als Gott selbst ist dazu ermächtigt?
Jesus legt mit Vollmacht die Schrift aus, obwohl er kein Schriftgelehrter war! Er stellt nicht den bisherigen Lehrmeinungen eine weitere daneben, sondern sagt: So ist es. Den Alten wurde gesagt, ich aber sage Euch! In der Bergpredigt (Mt 5-7) stellt er sich nicht nur dem Mose gleich, sondern noch weit über Mose auf die Ebene dessen, der der wahre Autor der Schrift ist, Gott. Jacob Neusner, der jüdische Gesprächspartner von Papst Benedikt in seinem Jesus-Buch, hat das sehr richtig erkannt, meint aber, diesem Anspruch nicht folgen zu können.
Jesus heilt. Es gibt keinen Grund, die Heilungen Jesu, ja sogar die Totenauferweckungen zu bezweifeln. Sie gipfeln freilich in der Heilung schlechthin, in der Vergebung der Sünden. Jesus hat es sich herausgenommen, erhebt den Anspruch, die Sündenvergebung direkt zuzusprechen (Mk 2,5)! Das aber ist ein Privileg Gottes, und ganz konsequent reagieren die Schriftgelehrten und die Anhänger des Herodes mit dem Beschluss, Jesus zu töten (Mk 3,6). Hans Urs von Balthasar hat einmal gesagt: Angesichts des Anspruchs, des göttlichen Anspruchs Jesu gab es nur zwei Möglichkeiten: Steine auflesen und nach ihm werfen; oder in die Knie gehen und anbeten!
Im Johannes-Evangelium, dem unser heutiger Evangelienabschnitt entnommen ist, wird ein besonderer Aspekt der Verkündigung Jesu besonders hervorgehoben, die so genannten „Ich-bin-Worte“.
Wenn Jesus sagt: Ich bin das Licht der Welt (Joh 8,12); ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben (14,6); ich bin die Auferstehung und das Leben (11,25); ich bin das Brot des Lebens (6,35), usw., dann leuchtet in diesen Worten der brennende Dornbusch auf, in dem Gott sich einst dem Mose offenbart hat als der „Ich bin der ‚Ich-bin‘“ – Jahwe (vgl. Ex 3,14). Im Menschen Jesus ist Jahwe, der „Ich-bin“ gegenwärtig.
Im Zentrum der ersten drei Evangelien steht die Reich-Gottes-Verkündigung Jesu (vgl. Mk 1,14 f.; Lk 11,20). Es wird deutlich: In Jesus selbst, in seinem Wirken, ist das Reich Gottes schon angebrochen. Bei ihm und durch ihn wird alles heil.
Der tiefste Grund für diesen Anspruch und diese göttliche Vollmacht ist Jesu Beziehung zum Vater. Das erste und das letzte Wort nach Lukas ist: „Vater“. „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört.“ (Lk 2,49) – „Vater, in Deine Hände lege ich meinen Geist.“ (Lk 23,46). Seine Speise ist es, den Willen des Vaters zu tun (vgl. Joh 4,34); usw.
Angesichts dieses Anspruchs meinten die führenden jüdischen Autoriten, Jesus wegen Gotteslästerung beseitigen zu müssen. Und sie haben es mit Hilfe der Römer getan. Jesus aber ist seinem Anspruch treu geblieben, und er hat noch vom Kreuz her um Vergebung gebetet. Er bleibt seiner Sendung treu, auch wenn ihm alle Sicherheiten aus der Hand geschlagen werden.
Doch das Kreuz ist nicht das Ende! Die Auferweckung Jesu von den Toten ist Gottes, des Vaters, Antwort. In der Auferweckung des Sohnes bestätigt der Vater den göttlichen Anspruch des Sohnes und setzt die ins Unrecht, die ihn meinten wegen Gotteslästerung verurteilen zu müssen.
Die Auferweckung des Sohnes in der Kraft des Heiligen Geistes ist der Höhepunkt der Offenbarung des dreifaltigen Gottes. Letztlich klärt sich erst von der Auferstehung, vom Pascha-Mysterium, her das Persongeheimnis Jesu, und deshalb ist der Sonntag als Auferstehungstag für uns so wichtig; konnte der Sonntag schon in neutestamentlicher Zeit den Sabbat als heiligen Tag abzulösen beginnen.
Liebe Schwestern und Brüder, vor ein paar Tagen wurde in einer überregionalen süddeutschen Zeitung der Leserbrief eines Professors – immerhin kein Theologe – abgedruckt, in dem der katholischen Kirche angesichts schwindender Mitgliederzahlen ernsthaft empfohlen wird, doch auf solch „mittelalterliche (!) Botschaften“ und „wilde Geschichten“ wie auch die Auferstehung zu verzichten. Liebe Schwestern und Brüder: Das ist die Empfehlung der geistig-geistlichen Selbstabschaffung, und man fragt sich, wie ein gebildeter Mensch so etwas ernst meinen kann! Und man weiß nicht, über wen man sich mehr ärgern soll, über den Professor, oder über die Redaktion, die einen solchen Unsinn auch noch abdruckt.
Liebe Schwestern und Brüder!
Jesus, der einzig geborene Sohn des Vaters, der in der zeitlichen Geburt aus der Jungfrau Maria als unser aller Menschenbruder geboren wurde, lebt. In der Taufe sind wir durch ihn im Heiligen Geist als Gottes Kinder angenommen, gleichsam adoptiert, „an Kindes Statt angenommen“ worden, wie es im Tagesgebet heute heißt. Und er ist bei uns; in jeder Eucharistiefeier verschenkt er sich an uns als das Brot des Lebens, das vom Himmel gekommen ist, um uns, wie einst den Propheten Elija (vgl. die 1. Lesung), zu stärken auf dem Lebensweg, dem oft so schweren. Weil Jesus lebt, ist er in der Eucharistie gegenwärtig!
Der heutige 12. August, liebe Schwestern und Brüder, ist der Gedenktag des seligen Karl Leisner! Sie kennen vermutlich seine Geschichte. Lassen Sie mich ihn zum Schluss noch als einen aus der Wolke der Zeugen für den auferstandenen Christus in Erinnerung rufen. Als begnadeter Jugendführer war er, nach schwerem Ringen, seiner Berufung zum Priesteramt gefolgt. Als junger Diakon hat er sich kurz nach Beginn des 2. Weltkriegs in einem Sanatorium im Schwarzwald verplappert und bedauert, dass Hitler das Attentat in München unbeschadet überstanden hat. Er wird hingehängt und ins KZ Dachau gebracht. Dort, in diesem größten Priestergefängnis aller Zeiten, wohin die Nazis alle gefangenen Geistlichen zusammensperrten, dort wird er unter strengster Geheimhaltung, am Gaudete-Sonntag 1944, von einem ebenfalls inhaftierten Bischof zum Priester geweiht. Einmal nur, ein einziges Mal, kann er, schon total geschwächt von der Krankheit, die Messe selber feiern, seine Primizmesse am Stefanitag 1944, hinter Stacheldraht. Nach der Befreiung Dachaus kommt er sofort ins Lungensanatorium Planegg bei München. Und am 12. August 1945 ist er gestorben. Christus war seine ganze Leidenschaft! Und dass Europa seine christliche Seele verliert, die große Sorge, die er seinem Tagebuch anvertraute. Viele Gläubige aus seinem Heimatbistum Münster und weit darüber hinaus haben Karl Leisner für sein Lebenszeugnis verehrt, und Papst Johannes Paul II. hat diese Verehrung 1996 durch die Seligsprechung offiziell gemacht.
Niemand wird zum Glauben gezwungen. Aber jeder sollte sich bewusst machen, was auf dem Spiel steht, wenn er den Glauben über Bord wirft, der diese unsere Heimat so liebenswert gemacht hat.
Wer wird Trost spenden? Wo ist ein Wort der Hoffnung angesichts unbegreiflichen Leids? Wohin aber auch mit unserem Dank für das Geschenk des Lebens? Am Ende der großen eucharistischen Rede Jesu, aus der wir an diesen Sonntagen jeweils einen Abschnitt hören, wird es so sein, dass die Leute sagen: Was er sagt, ist unerträglich. Sie wollen seinem Anspruch nicht glauben. Jesus aber sagt nicht: Gut, dann machen wir es etwas billiger, aber bitte bitte bleibt doch bei mir, wenigstens Ihr Apostel. Was sagt Jesus? Er stellt vor die Entscheidung: „Wollt auch Ihr weggehen?“ (Joh 6,67) Und Petrus antwortet: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du allein hast Worte des ewigen Lebens.“ (6,68)
Das seien auch unsere Worte an diesem Sonntag: Herr, wohin sollen wir denn sonst gehen? Du allein hast Worte ewigen Lebens, und Du bist das Brot, das vom Himmel kommt, und uns stärkt auf dem Weg zur Gemeinschaft mit dem lebendigen und dreifaltigen Gott, dem die Ehre sei und der Lobpreis, heute und in Ewigkeit, Amen.